Peter Sloterdijk thinking of Theodor W. Adorno’s birthday

“Der akute Grund der gesellschaftlichen Unwirksamkeit von Kunstwerken heute, die sich nicht an krude Propaganda zedieren, ist, daß sie, um dem allherrschenden Kommunikationssystem zu widerstehen, der kommunikativen Mittel sich entschlagen müssen, die sie vielleicht an die Bevölkerung heranbrächten. Praktische Wirkung üben Kunstwerke allenfalls in einer kaum dingfest zu machenden Veränderung des Bewußtseins aus, nicht indem sie haranguieren; ohnehin verpuffen agitatorische Effekte sehr rasch, vermutlich weil sogar Kunstwerke jenes Typus unter der Generalklausel von Irrationalität wahrgenommen werden: ihr Prinzip, das sie nicht loswerden, unterbricht die direkte praktische Zündung. Ästhetische Bildung führt aus der vorästhetischen Kontamination von Kunst und Realität heraus. Distanzierung, ihr Ergebnis, legt nicht nur den objektiven Charakter des Kunstwerks frei. Sie betrifft auch das subjektive Verhalten, durchschneidet primitive Identifikationen, setzt den Rezipierenden als empirisch-psychologische Person zugunsten seines Verhält-nisses zur Sache außer Aktion. Kunst bedarf der subjektiven Entäußerung [...]. Sie ist aber auch praktisch insoweit, als sie den, der Kunst erfährt und aus sich heraustritt, eben dadurch als ζῷον πολιτικόν [= Zoon politikon - politisches Lebewesen, M.v.C.] bestimmt, so wie Kunst ihrerseits, objektiv, Praxis ist als Bildung von Bewußtsein; dazu aber wird sie einzig, indem sie nichts aufredet. Wer sachlich dem Kunstwerk sich gegenüberstellt, wird kaum derart von ihm sich begeistern lassen, wie es im Begriff des direkten Appells liegt. Es wäre unvereinbar mit der erkennenden Haltung, die dem Erkenntnischarakter der Werke gemäß ist. Dem objektiven Bedürfnis nach einer Veränderung des Bewußtseins, die in Veränderung der Realität übergehen könnte, entsprechen die Kunstwerke durch den Affront der herrschenden Bedürfnisse, die Umbelichtung des Vertrauten, zu der sie von sich aus tendieren. Sobald sie die Wirkung, an deren Absenz sie leiden, durch Anpassung an vorhandene Bedürfnisse zu erlangen hoffen, bringen sie die Menschen um eben das, was sie, um die Phraseologie des Bedürfnisses ernst zu nehmen und gegen sich selbst zu wenden, ihnen geben könnten.”

—Theodor W. Adorno | Stellung zur Praxis | Ästhetische Theorie

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